Nach langer Recherche der alten Schriften unserer Ahnen möchten wir euch hier berichten wie das Erfolgsrezept Musikkapelle Reinhardsried entstanden ist. Viel Spaß beim Lesen 😊.
Auszug aus der Chronik:
1924
An einem herrlichen Wintertag und zwar an einem Sonntag gingen unter anderem auch zwei Männer zum Sonntagsgottesdienst zur Pfarrkirche nach Unterthingau. Es waren die Herren Stephan Johann und Klöck Andreas und auf dem Wege gesellte sich noch der Lehrer Herr Franz Miller zu ihnen. Wie sie so durch Gottes herrliche Natur schritten, die Sonne in Anbetracht des kommenden Frühlings sandte ihre wärmenden Strahlen vom klarblauen Himmel zu Erde nieder, die Berge, der Stolz unsrer schönen Heimat, schienen in greifbarer Nähe, die ganze Umgebung erstrahlte im Sonntagsglanz, die Glocken ringsum im harmonischen Klang riefen zur Kirche, kurzum es war ein Sonntagmorgen wie ihn der Herrgott erschaffen hat, der jeden Menschen die Alltagssorgen vergessen ließ und frohen Herzen und fröhlichen Sinnes war. So überwältigt von der schönen Gotteswelt und voll frohen Mutes kamen die drei Kirchgänger auf den Gedanken in unserem Heimatdorfe eine Musikkapelle zu gründen. Am Nachmittage des gleichen Tages, anlässlich der Singprobe des im Vorjahre (1923) zusammengestellten Männerchors mit Herrn Lehrer Miller als Dirigent, kam die Sache zur weiteren Aussprache mit dem Ergebnis, daß eine Musikgesellschaft zustande kam und darf der 2. Februar 1924 als Geburtstag angesehen werden.“
Zu den 19 Gründungsmitgliedern kamen im Herbst desselben Jahres 3 weitere Mitglieder hinzu, unter ihnen der spätere Dirigent Michael Klein. Die Aufbauphase der Musikgesellschaft Reinhardsried war von großem Idealismus geprägt: Nur durch einen Beitrag von 100 Reichsmark, den jedes Mitglied leisten musste, war es möglich, Instrumente zu kaufen. Als Musiklehrer und 1. Dirigent wurde der Günzacher Schmiedemeister und ehemalige Militärmusiker Fridolin Krün gewonnen. Unter ihm entwickelte sich die Kapelle bereits in den ersten Jahren in außergewöhnlicher Weise; bei Wertungsspielen in Obergünzburg (1927), in Unterthingau und Betzigau (1928) erreichten die Reinhardsrieder Musiker durchwegs hervorragende Preise mit hohen Punktewertungen.
Beim Patroziniumsfest St. Anna am 26.06.1929 stellte sich die Kapelle erstmals in einer neuen blauen Musikeruniform vor.
Dirigent Fridolin Krün führte die Musikgesellschaft Reinhardsried bis zum Jahre 1935 mit großem Erfolg weiter, ehe er den Dirigentenstab an Michael Klein übergab. Während im Laufe der früheren Jahre immer wieder einzelne neue Mitglieder in die Musikergemeinschaft aufgenommen worden waren, begann Dirigent Michael Klein 1938 mit der systematischen Ausbildung von 10 Jungbläsern, zu denen der Ehrendirigent Ernst Müller zählte.
Michael Klein führte die Musikkapelle über die schwere Zeit des 2. Weltkrieges hinweg, der mit dem Tod von sechs Musikkameraden einen hohen Tribut forderte, und leitete sie nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft (1948), auch noch nach seinem Wegzug nach Heiligkreuz (1949) unter großen Opfern und mit ungeheurem Einsatz bis zum Jahre 1953.
Seit der Neugründung des Bezirks 4 Marktoberdorf im Jahre 1949 gehörten die Reinhardsrieder Musiker zum Allgäu-Schwäbischen Musikbund und erreichten bereits bei den ersten Musikfesten in Buchloe (1950) und Aitrang (1954) wieder hervorragende Ergebnisse. Diese Wertungsspiele standen noch unter der bewährten Stabführung von Michael Klein.
Sein Nachfolger Ernst Müller, der der Musikkapelle seit 1938 angehörte und 1950 den Dirigentenkurs absolviert hatte, sicherte mit regelmäßiger Ausbildung den Fortbestand der Kapelle. In den über 30 Jahren seines Wirkens hielt Ernst Müller die Musikkapelle Reinhardsried auf einem gleichmäßig hohen Niveau, man beteiligte sich regelmäßig mit guten bis sehr guten Ergebnissen an den Wertungsspielen in der näheren und weiteren Umgebung. Die alte Uniform ersetzte 1957 eine Allgäuer Tracht, die 1977 von einer neuen grünen Tracht abgelöst wurde.
Herausragende Ereignisse dieser langen Zeit unter der Stabführung von Ernst Müller war ein Musikantentreffen von 8 Kapellen aus der Umgebung anlässlich der Fahnenweihe und des 60jährigen Bestehens des Schützenvereins Hubertus Reinhardsried (1962), die Teilnahme am großen Allgäuer Pilgerzug nach Altötting (1965), eine Fahrt ins Saarland auf Einladung der Chorvereinigung Spiesen-Elversberg (1977) und die Durchführung des 18. Bezirksmusikfestes im Bezirk 4 Marktoberdorf aus Anlass des 60jährigne Gründungsjubiläums (1984).
Im Frühjahr 1985 übergab Ernst Müller den Taktstock an Johann Hartmann aus Kraftisried, der die Ausbildung des musikalischen Nachwuchses intensiv und kontinuierlich förderte und die Musikkapelle Reinhardsried durch verstärkte Probenarbeit und regelmäßige Teilnahme an Wertungsspielen in den folgenden 6 Jahren seines Wirkens zu neuen Höhenflügen führen konnte. Die 5tägige Fahrt zur Teilnahme an der Braderie in Wervik/Belgien, einem herrlichen Volksfest, im Jahre 1986 kann getrost als Höhepunkt in der musikalischen und gesellschaftlichen Geschichte der Musikkapelle Reinhardsried bezeichnet werden.
Ab 1991 stand die Kapelle unter der Leitung von Hermann Fröhlich, der die von Johann Hartmann begonnene Arbeit mit pädagogischen Geschick und unermüdlichem Eifer erfolgreich fortsetzte. Die Förderung des Nachwuchses war ihm ein ständiges Anliege, neue Herausforderungen wie z. B. die Gestaltung von Kirchenkonzerten mit Kleingruppen und Musikkapelle dienten der Motivation der Musikerinnen und Musiker. Herausragende Ereignisse waren die Teilnahme am Festzug-Blumenkorso in Rosheim/Elsaß und die Anschaffung der auch heute noch getragenen Tracht. Im Jahr 1999 richtete die Musikkapelle Reinhardsried zum 75jährigen Jubiläum bei strahlendem Sonnenschein das 32. Bezirksmusikfest des Bezirks IV Marktoberdorf aus. Es war eine rundum gelungene Veranstaltung.
Besonderer Höhepunkt seines Wirkens war 2004 (und 2006) die Teilnahme am erstmalig ausgetragenen Mittelstufenwettbewerb. Nicht nur im Bezirksentscheid sondern auch in der nächsten ASM-weiten Runde gewann die Musikkapelle den ersten Preis und durfte anschließend am Landesentscheid in München teilnehmen. Dort wurde ein respektabler 8. Platz erzielt.
Im Jahr 2007 übergab Hermann Fröhlich das Dirigentenamt an Bernhard Prestele einen Musikanten aus den eigenen Reihen. Unter seiner Führung wurde Jugendausbildung an die geänderten Ausbildungsanforderungen angepasst. Neben der Fortführung der vereinsübergreifenden Jugendkapelle ROKU war er maßgeblich an der Gründung der gleichnamigen Bläserschule beteiligt, deren Vorsitzender er ist. Sie stellt eine kompetente und ortsnahe musikalische Ausbildung des Bläsernachwuchses sicher.
Besondere Highlights waren in den letzten Jahren die Romfahrt mit Papstaudienz und der Besuch der grünen Woche in Berlin.